In den Sommerferien hat man etwas Zeit, Fotos zu sortieren und dabei noch einmal die schöne Zeit des Pfingstlehrgangs des Deutschen Harmonika-Verbandes Nordrhein-Westfalen e.V. in der Akademie der kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW Remscheid Revue passieren zu lassen. Dieses Mal gab es auch wieder seit langer Zeit ein Abschlussfoto im Anschluss an die Abschlusspräsentationen der drei Orchesterlehrgänge von Hans-Günther Kölz, Ralf Schwarzien und Johannes Baumann. Es waren tolle Kurse mit großartigen Dozenten und einem vielfältigen Probenplan. Ergänzt wurde das Programm durch inspirierende Abend-Workshops mit The Royal Squeeze Box, dem Trio Tangopianissimo mit Christian Gerber, Bandoneon, und dem Duo Nerses mit Miroslav Nisic‘, Akkordeon, einer Open Stage mit Solo-, Duo,- Kammermusik-, Film- und Ensemble-Auftritten. Vielen Dank auch an den Reparaturkurs von Tristan Kindel für den Reparaturservice, an die Amusiko Musikverlage für die Notenausstellung und Sabine Kölz für das Referat zu Ideen zur Vereinsarbeit mit Materialien „Zukunft.Musik.Gestalten“ des Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V.
Am Samstag präsentierten sich die Orchesterlehrgänge gegenseitig, was sie in der Woche erarbeitet hatten. Als erstes kam der teilnehmerstärkste Kurs „Coaching Zone“ von Hans-Günther Kölz dran. Viele ganz unterschiedliche Werke wurden angespielt oder auch intensiv erarbeitet – von prämierter Originalmusik bis zu Pop- und Jazz-Nummern. Präsentiert wurde beim Abschluss die mit dem Schweizer Kompositionspreis ARMA 2022 ausgezeichnete „Big Apple Suite“ von Wolfgang Russ-Plötz und ein konzertantes Arrangement von „Imagine“ des Dozenten, außerdem dirigierte Tom Conrad den 1. Satz von „The Legend Of King Arthur“ von Ian Watson.
In den beiden anderen Kursen war das Spektrum der Lehrgangsliteratur ähnlich vielfältig: Lehrgang 1 „Geheimnisse“ mit Ralf Schwarzien – hier wurden unter anderem die „Metropolitan Pictures“ des Dozenten erarbeitet – und Lehrgang 3 „Gehobenes Orchesterspiel“ mit Johannes Baumann – hier lag ein Schwerpunkt auf der Suite „My Switzerland“ von Hans-Günther Kölz.
Johannes Baumann war das erste Mal als Dozent in Remscheid. Seit 1992 wird das Hohner-Akkordeonorchester 1927 Trossingen e.V. von ihm dirigiert in der Nachfolge von Hermann Schittenhelm, Rudolf Würthner, Hans Rauch und Karl Perenthaler. Er ist Absolvent des Hohner-Konservatoriums Trossingen und genoss Weiterbildungen bei Karl Perenthaler, Bernd Maltry und Fritz Dobler.
Ralf Schwarzien (geb. 1968) war zum zweiten Mal in Remscheid. Er studierte in Hamburg Akkordeon. Weiterbildungen erfolgten bei Heinz Both und Frank Marocco. Seit 1991 leitet er Akkordeonorchester, zunächst in Bremen, seit 2001 beim Harmonikaring Berghausen, und seit 1993 ist er der musikalische Leiter von ACCOLLAGE, des Landesakkordeonorchesters Niedersachsen.
Am ersten Abend begeisterte Duo Nerses – das sind Nerses Ohanyan – Flöte, Beatbox Flute, Jazzflute – und Miroslav Nisic – Akkordeon. Im Spirit unseres Jahrhunderts prägt das armenisch-serbische Duo seinen eigenen Sound, spielt Bekanntes neu, keck adaptierend, verblüffend artistisch und mitreißend musikantisch. Da gab es Klassik von Vivaldi, Mozart, Bach und Paganini in modernem Gewand, einige Sätze aus der Suite for Flute and Jazz Piano von Claude Bolling… Besondere Höhepunkte waren die klassischen Variationen des Flötisten Pietro Morlacchi „Il Pastore Svizzero“ und das 2020 uraufgeführte und für das Duo geschriebene Werk von Randall Woolf (*1959) „Once Upon A Time“.
Das Tangopianissimo Trio mit Christian Gerber, Bandoneon, Fernando Bruguera am Flügel und Diego Romero, E-Gitarre, begeisterte durch ihr grandioses Zusammenspiel. Die Musiker nahmen ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Tangogeschichte und erinnerten an die typischen Orchester aus dem goldenen Zeitalter des Tango Argentino in Buenos Aires. Neben ganz viel mit großer Leidenschaft gespielter traditioneller Tanzmusik stand im Mittelpunkt der Tango Nuevo mit seinen Protagonisten Astor Piazzolla und Horacio Salgán. Mit der Besetzung kommt das an den Klang der Orchester dieser Zeit heran. Chris Gerber brachte auch in seiner Moderation seine Begeisterung für diese abwechslungsreiche Musik in klaren Strukturen, aber mit großem Melodienreichtum und Themen-Improvisationen herüber.
2014 waren sie schon einmal bei einem Fortbildungslehrgang für Akkordeonisten in Remscheid: The Royal Squeeze Box. Und auch dieses Mal gefiel die Show exzellent. Ein Programm nur mit Songs von Queen, die äußerst abwechslungsreich sind – insbesondere in den Harmonien. Das Akkordeon von Roman D. Metzner ersetzt die Rockband plus Orchester – auch mit backing Vocals. Der stimmgewaltige Aaron Perry fungiert als „akustischer Wiedergänger von Freddie Mercury,“ so steht es auf der Website. Beide sind tolle Musiker, die mit viel Leidenschaft und Energie die Songs rüberbrachten. Und alle machten mit – zunächst mit Klatschen und Trampeln, dann mit Gesang – sogar dreistimmig. Und die beiden Künstler wirkten echt beeindruckt – auf jeden Fall hatten sie auch eine Menge Spaß.
Am Donnerstag gab es zum zweiten Mal eine „Open Stage“ mit Beiträgen von Teilnehmenden. Ein Duo spielte klassische Akkordeon-Duos wie die fröhliche Tarantella von Vaclav Trojan. Ein Duo Saxophon – Akkordeon beeindruckte mit Jazz Standards und Kompositionen aus „Lifelines“ von Matthias Anton und Hans-Günther Kölz. Ein etwas anderer Beitrag war dann der Film „Avec Plaisir“ der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, bei dem ein Teilnehmer sowohl als Akkordeonist mit einem extra dafür komponierten Werk als auch als Schauspieler mitwirkte. Eine Solistin präsentierte eine eigene Komposition und Arrangements von Songs von Robbie Williams. Ein weiteres Duo hatte „Bluesette“ von Toots-Tiedemanns einstudiert. Der Abend wurde ergänzt durch zwei Ensembles: ein kursübergreifendes Quintett spielte „Musicien“ von Moi et les autres… Und – last but not least – beendete ein Septett den abwechslungsreichen Abend mit einem Rausschmeißer – nach einer Intro mit dem Sandmännchen-Thema erklang „Wir sagen Dankeschön – 40 Jahre die Flippers“, ein Dankesbeitrag an die Lehrgangsleitung Matthias Hennecke und Martina Schubert.